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Inkasso: Definition und Bedeutung im Zahlungsverkehr
Inkasso ist im Zahlungsverkehr mehr als nur das Eintreiben offener Rechnungen – es ist ein professionell geregelter Prozess, der zwischen Gläubiger und Schuldner vermittelt, sobald Zahlungen ausbleiben. Die eigentliche Bedeutung liegt darin, dass Inkasso eine Brücke schlägt: Es ermöglicht Unternehmen, Liquiditätsengpässe zu vermeiden, indem sie ihre Forderungen nicht selbst, sondern durch spezialisierte Dienstleister einziehen lassen. Für Privatpersonen oder Geschäftskunden, die in Zahlungsverzug geraten, bedeutet Inkasso oft die letzte Chance, außergerichtlich eine Lösung zu finden und weitere Kosten oder rechtliche Konsequenzen zu vermeiden.
Im deutschen Zahlungsverkehr hat Inkasso eine doppelte Funktion: Einerseits schützt es Gläubiger vor finanziellen Verlusten, andererseits sorgt es für geordnete Abläufe und klare Fristen im Forderungsmanagement. Inkassounternehmen agieren dabei nicht willkürlich, sondern unterliegen strengen gesetzlichen Vorgaben und müssen im Rechtsdienstleistungsregister eingetragen sein. Sie dürfen ausschließlich berechtigte und fällige Forderungen bearbeiten – das schafft Rechtssicherheit für alle Beteiligten.
Ein oft übersehener Aspekt: Inkasso trägt zur Stabilität des gesamten Wirtschaftskreislaufs bei. Ohne effizientes Forderungsmanagement würden Unternehmen häufiger auf unbezahlten Rechnungen sitzen bleiben, was wiederum zu Insolvenzen führen könnte. Durch die Einschaltung eines Inkassodienstleisters werden Zahlungsströme aufrechterhalten und Geschäftsbeziehungen – zumindest im Idealfall – nicht unnötig belastet. Im Endeffekt ist Inkasso also ein unverzichtbares Werkzeug, um finanzielle Ordnung und Fairness im Zahlungsverkehr zu gewährleisten.
Typische Entstehung eines Inkassofalles – Wie kommt es dazu?
Die Entstehung eines Inkassofalles beginnt meist unscheinbar, entwickelt sich aber rasch zu einer handfesten Angelegenheit. Zunächst steht immer eine offene Forderung im Raum – etwa eine Rechnung, die nicht innerhalb der vereinbarten Frist beglichen wurde. Doch was passiert eigentlich im Hintergrund, bevor das Thema Inkasso überhaupt auf den Tisch kommt?
- Vertragsabschluss und Leistungserbringung: Am Anfang steht fast immer ein Vertrag – sei es ein Kauf, eine Dienstleistung oder ein Abo. Der Gläubiger liefert, der Schuldner zahlt (im Idealfall).
- Zahlungsziel verstreicht: Wird die Rechnung nicht pünktlich bezahlt, entsteht ein sogenannter Zahlungsverzug. Viele Unternehmen gewähren hier noch ein paar Tage „Karenzzeit“.
- Interne Mahnstufen: Unternehmen setzen oft auf eigene Mahnverfahren. Erst eine Zahlungserinnerung, dann ein oder mehrere Mahnschreiben – alles mit dem Ziel, die Angelegenheit intern zu klären.
- Keine Reaktion oder Teilzahlung: Bleibt die Zahlung trotz Mahnungen komplett aus oder wird nur ein Teilbetrag überwiesen, gerät der Vorgang ins Stocken. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen: Wer nicht reagiert, signalisiert dem Gläubiger, dass externe Hilfe nötig ist.
- Inkassofall durch Fristablauf: Nach Ablauf der letzten Mahnfrist oder spätestens 30 Tage nach Fälligkeit (ohne Zahlung) kann der Gläubiger ein Inkassounternehmen einschalten. Manchmal geschieht das auch direkt, wenn der Schuldner nicht erreichbar ist oder bereits in der Vergangenheit auffällig wurde.
Wichtig zu wissen: Es gibt keine starren Regeln, wann genau ein Inkassofall entsteht. Manche Unternehmen reagieren sehr schnell, andere warten ab. Entscheidend ist letztlich, dass der Gläubiger seine Forderung nicht mehr eigenständig realisieren kann oder will – dann landet die Angelegenheit beim Inkasso.
Überblick: Vorteile und Nachteile des Inkassoverfahrens
Pro (Vorteile) | Contra (Nachteile) |
---|---|
Professionelle Abwicklung offener Forderungen durch spezialisierte Dienstleister | Es können zusätzliche Kosten (Inkassogebühren) für den Schuldner entstehen |
Entlastung des Gläubigers vom eigenen Forderungsmanagement | Für den Schuldner ist der Vorgang oft mit Stress und Unsicherheit verbunden |
Möglichkeit, Liquiditätsengpässe beim Gläubiger zu vermeiden | Gerät der Schuldner in Zahlungsverzug, kann es zu negativen SCHUFA-Einträgen kommen |
Außergerichtliche Einigung wird vor teuren Gerichtsverfahren angestrebt | Bürokratischer und manchmal langwieriger Prozess bei Streitigkeiten |
Inkassounternehmen unterliegen gesetzlichen Vorgaben – Schutz für beide Seiten | Unseriöse Inkassounternehmen können unseriöse Methoden anwenden |
Flexible Zahlungsmodelle (z.B. Ratenzahlung oder Stundung) möglich | Einige Schuldner empfinden Inkassoschreiben als bedrohlich |
Inkasso trägt zur Stabilität des Wirtschaftskreislaufs bei | Zwangsmaßnahmen und Zwangsvollstreckung bei Nichtzahlung sind möglich |
Konkreter Ablauf des Inkassoverfahrens von der unbezahlten Rechnung bis zur Zwangsvollstreckung
Ist die Rechnung überfällig und bleibt jede Zahlung aus, setzt sich ein klar strukturierter Inkassoprozess in Gang, der Schritt für Schritt eskaliert. Der Ablauf ist dabei keineswegs willkürlich, sondern folgt festen Abläufen, die sowohl Gläubiger als auch Schuldner schützen sollen.
- Beauftragung und Forderungsprüfung: Nach dem letzten erfolglosen Mahnschreiben übergibt der Gläubiger die Forderung an ein Inkassounternehmen. Dieses prüft zunächst, ob die Forderung tatsächlich besteht und ob alle rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Ohne diese Prüfung geht nichts weiter.
- Außergerichtliche Maßnahmen: Das Inkassounternehmen nimmt Kontakt zum Schuldner auf – meist schriftlich, manchmal telefonisch. Ziel ist es, die offene Forderung ohne Gerichtsbeteiligung einzutreiben. Hier werden oft individuelle Zahlungspläne angeboten, um eine schnelle Einigung zu erzielen.
- Letzte außergerichtliche Fristsetzung: Bleibt die Reaktion aus, wird dem Schuldner eine letzte Frist gesetzt. Diese Frist ist verbindlich und signalisiert: Jetzt wird es ernst, der nächste Schritt ist das Gericht.
- Einleitung des gerichtlichen Mahnverfahrens: Reagiert der Schuldner weiterhin nicht, beantragt das Inkassounternehmen beim zuständigen Gericht einen Mahnbescheid. Dieser wird amtlich zugestellt und gibt dem Schuldner nochmals die Chance, zu zahlen oder Widerspruch einzulegen.
- Vollstreckungsbescheid und Zwangsvollstreckung: Erfolgt weder Zahlung noch Widerspruch, folgt der Vollstreckungsbescheid. Mit diesem Titel kann das Inkassounternehmen die Zwangsvollstreckung einleiten – etwa durch Kontopfändung oder einen Gerichtsvollzieher.
- Langfristige Titelüberwachung: Ist beim Schuldner aktuell nichts zu holen, bleibt der Titel bis zu 30 Jahre gültig. Das Inkassounternehmen überwacht regelmäßig, ob sich die finanzielle Lage des Schuldners bessert, um die Forderung doch noch einzutreiben.
Der gesamte Ablauf ist darauf ausgelegt, dem Schuldner immer wieder die Möglichkeit zur freiwilligen Zahlung zu geben, bevor wirklich harte Maßnahmen greifen. Trotzdem: Wer sich nicht rührt, bekommt irgendwann amtlichen Besuch – und das kann richtig unangenehm werden.
Welche Maßnahmen ergreift ein Inkassounternehmen im Detail?
Inkassounternehmen arbeiten mit einem ganzen Werkzeugkasten an Maßnahmen, um offene Forderungen einzutreiben – und das längst nicht nur mit Standardbriefen. Der Fokus liegt dabei auf Effizienz, rechtlicher Sicherheit und möglichst wenig Reibung zwischen allen Beteiligten.
- Individuelle Schuldneransprache: Moderne Inkassodienstleister nutzen gezielte Kommunikationsstrategien. Sie wählen den Kontaktweg (Brief, E-Mail, Telefon, SMS) je nach Schuldnertyp und bisherigem Zahlungsverhalten aus. Dabei werden Tonfall und Inhalt auf die Situation zugeschnitten – mal freundlich erinnernd, mal deutlich mahnend.
- Bonitäts- und Vermögensprüfung: Noch bevor gerichtliche Schritte eingeleitet werden, prüfen Inkassounternehmen die finanzielle Lage des Schuldners. Sie greifen auf Wirtschaftsauskunfteien und Datenbanken zurück, um die Erfolgsaussichten eines Forderungseinzugs realistisch einzuschätzen.
- Zahlungsvereinbarungen und Ratenpläne: Um eine Eskalation zu vermeiden, bieten Inkassounternehmen flexible Zahlungsmodelle an. Individuelle Ratenzahlungen oder Stundungen werden verhandelt, sofern der Schuldner kooperiert. Das Ziel: Die Forderung soll möglichst vollständig und zügig beglichen werden.
- Verhandlungsmanagement: In vielen Fällen übernehmen Inkassodienstleister auch die Moderation zwischen Gläubiger und Schuldner. Sie klären Missverständnisse, prüfen Einwände und vermitteln bei Streitigkeiten – manchmal sogar im Sinne einer Kulanzlösung.
- Adress- und Aufenthaltsrecherche: Ist der Schuldner verzogen oder nicht auffindbar, nutzen Inkassounternehmen spezielle Recherchetools, um aktuelle Kontaktdaten zu ermitteln. Ohne diese Maßnahmen würde so manche Forderung schlicht im Sande verlaufen.
- Langfristige Überwachung titulierte Forderungen: Nach erfolgreicher Titulierung einer Forderung behalten Inkassounternehmen die Schuldner über Jahre hinweg im Blick. Sie reagieren auf Veränderungen in der Vermögenssituation und starten bei neuen Vollstreckungschancen umgehend weitere Maßnahmen.
Jede Maßnahme wird dabei dokumentiert und muss rechtlich sauber ablaufen. Das schützt nicht nur den Gläubiger, sondern auch den Schuldner vor Willkür und überzogenen Forderungen.
Kostenstruktur beim Inkasso: Wer zahlt was und welche Gebühren sind erlaubt?
Die Kostenstruktur beim Inkasso ist für viele Schuldner und Gläubiger ein echtes Minenfeld – hier trennt sich schnell die Spreu vom Weizen. Wer muss eigentlich was zahlen? Und welche Gebühren sind wirklich zulässig?
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Grundsatz: Verursacherprinzip
Im Inkassofall gilt: Wer den Zahlungsverzug verursacht, trägt die Kosten. Das bedeutet, der Schuldner muss neben der eigentlichen Forderung auch die Inkassogebühren und eventuell anfallende Zinsen übernehmen. -
Höhe der Inkassogebühren
Die Gebühren orientieren sich an der sogenannten Rechtsanwaltsvergütung (RVG). Für Kleinstforderungen gibt es gesetzliche Obergrenzen, etwa maximal 36 € bei einer Hauptforderung unter 50 €. Bei höheren Beträgen steigen die Gebühren gestaffelt, aber nie unbegrenzt. -
Zulässige Zusatzkosten
Erlaubt sind neben den Inkassogebühren nur Kosten, die tatsächlich entstanden und nachvollziehbar sind. Dazu zählen beispielsweise Porto, nachweisbare Recherchekosten oder Gerichtsgebühren im Falle eines gerichtlichen Mahnverfahrens. -
Unzulässige Gebühren
Unrechtmäßig sind doppelte Mahngebühren, pauschale Bearbeitungskosten ohne Nachweis oder überhöhte Kosten für Telefoninkasso. Auch die Erhebung von Umsatzsteuer ist nur zulässig, wenn der Gläubiger diese nicht bereits abführt. -
Transparenz und Nachweispflicht
Inkassounternehmen müssen auf Verlangen eine detaillierte Kostenaufstellung liefern. Schuldner haben das Recht, jede einzelne Position zu prüfen und anzufechten, falls sie zweifelhaft erscheint. -
Besonderheit bei Sofortzahlung
Zahlt der Schuldner unmittelbar nach dem ersten Inkassoschreiben, wird oft ein reduzierter Gebührensatz fällig. Das ist ein Anreiz, die Sache schnell zu erledigen und weitere Kosten zu vermeiden.
Fazit: Nicht jede Forderung ist automatisch berechtigt – und nicht jede Inkassorechnung muss ungeprüft bezahlt werden. Wer unsicher ist, sollte sich nicht scheuen, die Kosten im Detail zu hinterfragen oder fachlichen Rat einzuholen.
Verhaltenstipps im Inkassofall: Schritt-für-Schritt-Anleitung für Betroffene
Wenn ein Inkassoschreiben ins Haus flattert, ist kühler Kopf gefragt. Mit diesen Schritten behalten Betroffene die Kontrolle und vermeiden teure Fehler:
- 1. Echtheit und Absender prüfen: Ist das Inkassounternehmen im Rechtsdienstleistungsregister gelistet? Stimmen Kontaktdaten und Bankverbindung? Bei Zweifeln niemals auf verdächtige Konten überweisen.
- 2. Forderung im Detail nachvollziehen: Wofür genau wird Geld verlangt? Gibt es eine lückenlose Aufstellung mit Bezug auf die ursprüngliche Rechnung? Fehlende oder unklare Angaben sollten schriftlich eingefordert werden.
- 3. Zahlungsfrist nicht ignorieren: Auch wenn Zweifel bestehen: Fristen im Auge behalten. Wer untätig bleibt, riskiert gerichtliche Schritte und zusätzliche Kosten.
- 4. Bei Unklarheiten Widerspruch einlegen: Ist die Forderung nicht nachvollziehbar oder unberechtigt, muss innerhalb der genannten Frist schriftlich widersprochen werden. Den Widerspruch am besten per Einschreiben versenden und eine Kopie aufbewahren.
- 5. Bei berechtigter Forderung schnell handeln: Ist alles korrekt, empfiehlt sich eine rasche Zahlung – am besten unter Angabe des Aktenzeichens. Das verhindert weitere Gebühren und rechtliche Konsequenzen.
- 6. Zahlungsvereinbarungen aktiv anfragen: Ist eine sofortige Zahlung nicht möglich, können Raten oder Stundungen direkt beim Inkassounternehmen angefragt werden. Die Konditionen sollten immer schriftlich bestätigt werden.
- 7. Beratung nutzen: Bei Unsicherheit oder komplexen Fällen lohnt sich der Gang zur Verbraucherzentrale oder Schuldnerberatung. Dort gibt es Hilfe bei der Prüfung von Forderungen und Unterstützung im Umgang mit Inkassounternehmen.
- 8. Keine unüberlegten Angaben machen: Am Telefon oder per E-Mail sollten keine vorschnellen Schuldeingeständnisse abgegeben werden. Jede Kommunikation am besten sachlich und dokumentiert halten.
Mit dieser Schritt-für-Schritt-Anleitung behalten Betroffene im Inkassofall den Überblick und schützen sich effektiv vor unnötigen Kosten oder unseriösen Forderungen.
Praktisches Beispiel: So funktioniert ein typischer Inkassoprozess in der Praxis
Stellen wir uns vor, ein kleiner Handwerksbetrieb hat für einen Kunden eine Reparatur durchgeführt. Die Rechnung über 420 € bleibt nach Ablauf der Zahlungsfrist offen. Was passiert nun konkret?
- 1. Übergabe an das Inkassounternehmen: Der Handwerksbetrieb übermittelt die vollständigen Unterlagen – Auftrag, Rechnung, Zahlungsbelege – an einen Inkassodienstleister. Das Inkassounternehmen prüft, ob alle Angaben schlüssig und die Forderung rechtlich einwandfrei ist.
- 2. Erste Kontaktaufnahme: Das Inkassounternehmen schickt dem säumigen Kunden ein Schreiben mit einer klaren Zahlungsaufforderung. Darin enthalten: die genaue Forderungssumme, eine Aufstellung aller Nebenkosten und eine Frist von zehn Tagen.
- 3. Individuelle Lösungsangebote: Der Kunde meldet sich, gibt finanzielle Schwierigkeiten an. Das Inkassounternehmen schlägt eine Ratenzahlung über vier Monate vor und sendet einen schriftlichen Zahlungsplan. Beide Seiten bestätigen die Vereinbarung.
- 4. Überwachung der Ratenzahlungen: Das Inkassounternehmen kontrolliert die pünktliche Überweisung der Raten. Bei Zahlungsverzug erfolgt eine Erinnerung, manchmal auch ein persönlicher Anruf.
- 5. Abschluss des Verfahrens: Nach Eingang der letzten Rate informiert das Inkassounternehmen den Handwerksbetrieb. Die Akte wird geschlossen, der Kunde erhält eine Bestätigung über die vollständige Begleichung der Forderung.
Dieses Beispiel zeigt: Inkasso ist in der Praxis oft lösungsorientiert und nicht zwangsläufig konfrontativ. Flexible Zahlungsmodelle und transparente Kommunikation stehen im Vordergrund, solange der Schuldner kooperiert.
Seriosität und Auswahl von Inkassounternehmen – worauf sollten Schuldner achten?
Die Auswahl eines seriösen Inkassounternehmens ist für Schuldner entscheidend, um sich vor Abzocke und unzulässigen Praktiken zu schützen. Aber woran erkennt man einen vertrauenswürdigen Dienstleister?
- Transparente Kommunikation: Seriöse Inkassounternehmen geben immer eine vollständige Anschrift, klare Kontaktdaten und eine nachvollziehbare Forderungsaufstellung an. Es gibt keine verschleierten Absender oder dubiose Zahlungsaufforderungen.
- Klare Nachweise: Sie legen auf Nachfrage die Originalunterlagen (z. B. Rechnungen, Verträge) offen und können den Auftrag des Gläubigers belegen. Fehlen diese Nachweise, ist Skepsis angebracht.
- Keine Drohungen oder Einschüchterungen: Seriöse Anbieter verzichten auf aggressive Formulierungen, Drohungen mit Gefängnis oder Hausbesuchen. Stattdessen setzen sie auf sachliche und rechtlich korrekte Ansprache.
- Verzicht auf Vorkasse: Ein echtes Inkassounternehmen verlangt vom Schuldner niemals Gebühren im Voraus, sondern stellt Kosten nur im Zusammenhang mit der tatsächlichen Forderung in Rechnung.
- Mitgliedschaft in Branchenverbänden: Die Zugehörigkeit zu anerkannten Verbänden wie dem Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen (BDIU) ist ein starkes Indiz für Seriosität, da Mitglieder sich zu bestimmten Verhaltensregeln verpflichten.
- Datenschutz und Diskretion: Ein seriöser Dienstleister behandelt persönliche Daten vertraulich und gibt keine Informationen unbefugt an Dritte weiter.
- Reaktionsbereitschaft: Bei Rückfragen oder Widersprüchen reagieren seriöse Inkassounternehmen zeitnah, bieten schriftliche Antworten und erläutern ihre Forderungen nachvollziehbar.
Wer als Schuldner diese Kriterien prüft, schützt sich effektiv vor unseriösen Methoden und behält die Kontrolle über das Verfahren.
Wichtige Begrifflichkeiten rund um das Thema Inkasso im Überblick
Wer sich mit Inkasso beschäftigt, stolpert schnell über Fachbegriffe, die auf den ersten Blick verwirrend wirken. Ein kurzer Überblick über die wichtigsten Begriffe hilft, den Durchblick zu behalten und Missverständnisse zu vermeiden:
- Inkassovollmacht: Die schriftliche Erlaubnis, mit der der Gläubiger einem Inkassounternehmen gestattet, Forderungen in seinem Namen einzuziehen.
- Forderungsabtretung (Zession): Die Übertragung einer Forderung vom ursprünglichen Gläubiger auf das Inkassounternehmen. Damit wird das Unternehmen selbst zum neuen Gläubiger.
- Mahnbescheid: Ein gerichtliches Schreiben, das dem Schuldner offiziell mitteilt, dass eine Forderung geltend gemacht wird. Es ist der erste Schritt im gerichtlichen Mahnverfahren.
- Vollstreckungstitel: Ein amtliches Dokument, das dem Gläubiger das Recht gibt, Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einzuleiten – etwa eine Kontopfändung.
- Bonitätsauskunft: Eine Auskunft über die Zahlungsfähigkeit und Kreditwürdigkeit einer Person oder eines Unternehmens, die Inkassounternehmen häufig vor weiteren Schritten einholen.
- Verzugsschaden: Die Kosten und Zinsen, die dem Gläubiger durch verspätete Zahlung entstehen und die zusätzlich zur Hauptforderung geltend gemacht werden können.
- Schufa-Eintrag: Ein negativer Vermerk bei der Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung, der nach einem Inkassoverfahren erfolgen kann und die Kreditwürdigkeit beeinträchtigt.
- Titelüberwachung: Die langfristige Beobachtung eines titulierten Anspruchs, um bei späterer Zahlungsfähigkeit des Schuldners die Forderung noch durchzusetzen.
- Vergleichsangebot: Ein Vorschlag des Inkassounternehmens, die Forderung durch eine Einmalzahlung oder einen reduzierten Betrag zu begleichen, um das Verfahren abzukürzen.
Mit diesen Begriffen im Hinterkopf fällt es leichter, Inkassoschreiben und Abläufe richtig einzuordnen und angemessen zu reagieren.
Hilfreiche Beratungs- und Anlaufstellen bei Inkassofällen
Gerät man in einen Inkassofall, ist schnelle und fachkundige Unterstützung Gold wert. Verschiedene unabhängige Stellen bieten kompetente Beratung, damit Betroffene ihre Rechte kennen und sich nicht übervorteilen lassen.
- Verbraucherzentralen: In allen Bundesländern gibt es Beratungsstellen, die speziell bei Inkassoforderungen helfen. Sie prüfen die Rechtmäßigkeit von Forderungen, unterstützen beim Widerspruch und geben Tipps zum weiteren Vorgehen. Die Beratung ist meist kostengünstig oder sogar kostenlos für Menschen mit geringem Einkommen.
- Schuldnerberatungsstellen: Kommunale und gemeinnützige Schuldnerberatungen bieten vertrauliche Hilfe, wenn finanzielle Probleme überhandnehmen. Sie helfen nicht nur bei der Prüfung von Inkassoschreiben, sondern auch bei der Entwicklung von Zahlungsplänen und Verhandlungen mit Gläubigern.
- Rechtsanwälte mit Schwerpunkt Inkasso- und Verbraucherrecht: Wer sich unsicher ist oder bereits ein gerichtliches Verfahren droht, kann sich an spezialisierte Anwälte wenden. Sie vertreten die Interessen der Betroffenen und prüfen, ob die Forderung rechtlich haltbar ist.
- Online-Beratungsplattformen: Seriöse Portale wie die Verbraucherzentrale Online-Beratung oder frag-einen-anwalt.de bieten schnelle Ersteinschätzungen per E-Mail oder Chat – oft schon innerhalb weniger Stunden.
- Ombudsstellen der Inkassobranche: Bei Streitigkeiten mit Inkassounternehmen können sich Betroffene an die Schlichtungsstellen der Branchenverbände wenden. Diese vermitteln unabhängig und helfen, Konflikte außergerichtlich zu lösen.
Wichtig: Wer frühzeitig Rat einholt, spart nicht nur Nerven, sondern oft auch bares Geld – und bleibt Herr der eigenen Angelegenheit.
FAQ: Häufige Fragen rund um das Thema Inkasso
Was ist Inkasso und wann wird es eingesetzt?
Inkasso bezeichnet das Einziehen offener Geldforderungen durch ein Inkassounternehmen oder einen Anwalt im Auftrag eines Gläubigers. Eingesetzt wird es, wenn eine Rechnung trotz Mahnungen und Fristablauf nicht bezahlt wurde.
Wie läuft ein Inkassoverfahren ab?
Zunächst erfolgt die Beauftragung des Inkassounternehmens durch den Gläubiger. Das Inkassounternehmen nimmt Kontakt zum Schuldner auf und fordert zur Zahlung auf. Bleibt die Zahlung weiter aus, können gerichtliche Schritte wie ein Mahnbescheid beantragt und bei Erfolglosigkeit Maßnahmen wie die Zwangsvollstreckung eingeleitet werden.
Welche Kosten entstehen bei einem Inkassoverfahren?
Die entstehenden Kosten umfassen neben der Hauptforderung auch Mahn- und Inkassogebühren, Zinsen sowie gegebenenfalls Gerichtskosten. In der Regel muss der Schuldner alle Kosten tragen, sofern die Forderung berechtigt ist.
Wann sollte ich bei einer Inkassoforderung zahlen – und wann nicht?
Man sollte erst zahlen, wenn die Forderung und die Berechtigung des Inkassounternehmens eindeutig geprüft wurden. Handelt es sich um eine unberechtigte oder fehlerhafte Forderung, sollte dieser schriftlich widersprochen werden. Bei Betrugsverdacht ist besondere Vorsicht geboten.
Was tun bei finanziellen Schwierigkeiten nach Inkassopost?
Betroffene können mit dem Inkassounternehmen eine Ratenzahlung vereinbaren und sollten frühzeitig eine Schuldnerberatung oder Verbraucherzentrale aufsuchen, um Hilfe und individuelle Beratung zu erhalten.